USA – Utah, Colorado, Arizona

Nach 11 Monaten auf Achse, ständig von einem schönen Plätzchen zum nächsten fahrend, nach Highlights wie dem Durban-Platz in Kathmandu, der Wanderung ums Annapurnamassiv, dem Tauchgang mit Walhai in Thailand, der Kreuzfahrt im Galapagos-Archipel, Machu Picchu in Peru, Salar de Uyuni in Bolivien, Patagonien und Feuerland, den Wasserfällen von Iguazu, Kajakfahren im Amazonas, dem Segeltrip von Kolumbien nach Panama, Isla de Ometepe in Nicaragua, Lago de Atitlan in Guatemala […], was konnte uns da noch beeindrucken? Der Südwesten der USA konnte es. Problemlos.

Als wir unseren vorab gebuchten Mietwagen in Las Vegas abholten, warf der Mitarbeiter der Autovermietung einen skeptischen Blick auf unsere mittlerweile auf ein besorgniserregendes Volumen angewachsenen Rucksäcke. Ob uns bewusst sei, dass wir die kleinste Mietwagenvariante gebucht hätten, fragte der er uns ungläubig. Obwohl wir seine Skepsis teilten, verweigerten wir ein kostenpflichtiges Upgrade, und das stellte sich als richtige Entscheidung heraus: Das kleine weiße Ding, zu dem wir geführt wurden, entpuppte sich trotz seiner überschaubaren Größe als wahres Platzwunder, denn die vier Rucksäcke (je zwei große und 2 Tagesrucksäcke) passten mit etwas Herumprobieren problemlos in den kleinen Kofferraum,. Wie wir später feststellten, bot sich sogar ausreichend Raum, notfalls im Auto zu übernachten.

Am ersten Tag schafften wir es nicht sehr weit, da wir zuerst in einen Wal Mart fuhren, wo wir eine lange Zeit verbrachten und in einen wahren Shoppingrausch verfielen. Wir kauften eine Kühlbox, palettenweise Dr. Pepper- und Cherry-Coke-Zero-Dosen, eine Gaskatusche, Eis, Lebensmittel, eine Speicherkarte für unsere Kamera, ein Audiokabel, ein USB Ladegerät für den Zigarettenanzünder des Autos, Campinggeschirr und viele viele Süßigkeiten. Als großer Fan der Seite peopleofwalmart.com war Sonja etwas enttäuscht, dass die Leute im Wal Mart alle relativ normal gekleidet waren. Lediglich ein Redneck wie aus dem Bilderbuch mit einer Pistole am Gürtel –  eine Tatsache, die für alle (außer uns) nicht weiter schockierend erschien – wirkte etwas kurios. Irgendwo in Nevada kehrten wir dann ins erstbeste billige Motel ein. Beim Check-in wurden wir gleich zur Karaokenacht in der angrenzenden Bar/Casino/Truckerabsteige eingeladen. Obwohl wir müde waren begaben wir uns tatsächlich noch auf ein Höflichkeitsbier nach nebenan, wo wir neugierig beäugt und angequatscht wurden. Einige neue Facebook-Freundschaften und viele Tipps für unseren Roadtrip später fielen wir dann erschöpft ins Bett.

Zion National Park

Unsere nächste Etappe brachte uns zum Zion National Park, den wir eigentlich nur ansteuerten, da er direkt am Weg lag. Hätten wir nur vorher gewusst, welche Naturschönheiten sich uns dort präsentierten, hätten wir einen längeren Aufenthalt eingeplant. Der Nationalpark war typisch amerikanisch bestens organisiert. Man stellte das Auto beim Eingang ab und wurde mit dem Bus zu den verschiedensten Höhepunkten gebracht, wo man aussteigen, etwas herumwandern, und mit dem nächsten oder übernächsten Bus weiterfahren konnte.

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Zu gerne hätten wir die Wanderung durch die engen Schluchten gemacht, bei der man mit Wetsuits ausgestattet direkt durch den Fluss geht. Wir hatten aber keinen Übernachtungsplatz, sodass wir nach einigen Stunden weiterfahren mussten. Vorbei gings an Büffelherden und malerischen Farms, bis wir am Straßenrand ein Motel sahen, das uns irgendwie ansprach.

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Die Zimmer, die der Besitzer alle selbst gestaltet hatte, waren sehr detailverliebt in unterschiedlichen Stilrichtungen eingerichtet. Wir entschieden uns für ein kleines Apartment mit einem Kamin und Ästen mit Herbstlaub an der Wand. Gleich gegenüber war ein Supermarkt, bei dem man frisches Popcorn in Riesensäcken um kein Geld kaufen konnte. Abends saßen wir in unserem Wohnzimmer, heizten was das Zeug hielt (nachts war es noch empfindlich kalt), mampften Popcorn und tranken dazu eisgekühltes Corona – herrlich!

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Das Schlafzimmer unseres Apartments

Bryce Canyon National Park

Der nächste Tag startete früh – als wir unsere Siebensachen ins Auto packten, konnten wir in der morgendlichen Kälte unseren Atem sehen – aber wir hatten viel vor und wollten jede Minute des Tageslichts nutzen. Zuerst fuhren wir in den nahegelegenen Bryce Canyon National Park, der uns komplett von den Socken warf. Zu den beeindruckenden Farben – unglaubliche rot- und orange-Töne, die im Kontrast zum strahlend blauen Himmel standen – kamen nicht minder beeindruckende Formen: säulenartige Gesteinsstrukturen, die man Hoodoos nennt.

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Auf dem Weg vom Bryce Canyon

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Hoodoos, so weit das Auge reicht

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Auf dem Queens Garden Trail

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Nach dem Navajo Loop, auf dem Weg vom Sunset Point zum Sunrise Point.

Coral Pink Sand Dunes State Park & Lake Powell

Unser netter Apartment-Vermieter hatte uns einen Tipp gegeben, an welcher Stelle wir den Coral Pink Sand Dunes State Park kostenlos besuchen konnten, deshalb wir nachmittags nach unserer Wanderung durch den Bryce Canyon dort noch auf einen Sprung vorbeischauten.

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Ganz feiner, rosa Sand

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Spaziergang durch die Dünenlandschaft

Nun war es an der Zeit, in unser kleines weißes Auto zu steigen und in Richtung des Grand Canyons zu fahren, dessen Besuch wir uns für den morgigen Tag vorgenommen hatten. Die Landschaft war aber so schön, dass wir unterwegs immer wieder Stopps einlegen mussten.

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Lake Powell kurz vor Sonnenuntergang

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Yet another canyon…

Grand Canyon

Wir hatten schon von manchen Reisenden gehört, dass der Grand Canyon nach dem Besuch anderer Nationalparks hinter den Erwartungen zurückgeblieben war. Uns erging es ein bisschen ähnlich – zwar waren wir von den unglaublichen Ausmaßen des Canyons schon beeindruckt, immerhin war die Schlucht etwa 450 Kilometer lang und bis zu 1.800 Meter tief. Dennoch: der am Vortag besuchte Bryce Canyon hatte die Latte für uns anscheinend einfach zu hoch gelegt.

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Blick über das Colorado Plateau und die unterschiedlichen Gesteinsschichten, die vom Colorado River freigelegt wurden

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Ganz unten der Colorado River, der für die Entstehung dieses Naturwunders verantwortlich ist

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Nach dem Besuch des Grand Canyons setzten wir unseren Weg fort, es ging nun weiter Richtung Monument Valley. Auf der Fahrt tauchten im roten Abendlicht die ersten Gesteinsformationen des berühmten Tals auf, es war ein beeindruckender Vorgeschmack auf das, was uns am nächsten Tag erwarten würde. Diesmal hatten wir allerdings große Schwierigkeiten, eine Unterkunft zu finden. Günstige Motels, in denen wir bisher immer übernachteten, schien es in dieser Gegend nicht zu geben. Wir hofften auf ein Schnäppchen in einem der Hotels, aber selbst unser Lateinamerika-erprobtes Verhandlungsgeschick brachte uns diesmal nicht weiter – wir wollten einfach nicht 150 USD oder mehr für eine Übernachtung ausgeben. Schließlich fanden wir zumindest einen günstigen Campingplatz. Da es mittlerweile schon spät war, beschlossen wir uns den Zeltaufbau in der Dunkelheit nicht anzutun und stattdessen im Auto zu schlafen.

Monument Valley

Schon vor Sonnenaufgang läutete unser Reisewecker und wir packten noch im Dunkeln unsere Sachen zusammen. Innerhalb kürzester Zeit erreichten wir Monument Valley, das sich im Morgenlicht von seiner allerschönsten Seite zeigte. Es war eine wahre (und tatsächlich häufig verwendete) Filmkulisse, die sich uns bot. Wie bislang jeden Tag seit wir Las Vegas verlassen hatten, waren wir tief berührt von der gewaltigen Schönheit der Natur im Westen der USA.

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Canyonlands National Park & Dead Horse Point

Am späten Vormittag, als wir uns an den Felsformationen des Monument Valleys satt gesehen hatten, fuhren wir weiter zum Canyonlands National Park, wo wir am selben Tag noch zwei Points of Interest im Süden des Parks besuchten: den „Newspaper Rock“ und „The Needles“.

Der Newspaper Rock ist ein Felsen mit einer der weltweit größten Sammlung an Petroglyphen. Die ersten Symbole wurden vor ca. 2.000 Jahren von verschiedenen indigenen Kulturen eingraviert, in der Navajo-Sprache heißt der „Newspaper Rock“ übersetzt „Fels, der eine Geschichte erzählt“, da über die Jahre immer mehr Petroglyphen dazugekommen sind. Man findet zwischen den gut erhaltenen, alten Petroglyphen auch Symbole neueren Ursprungs, wie beispielsweise links oben aus dem Jahr 1954.

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Der Newspaper Rock im Canyonlands Nationalpark

 

„The Needles“ sind seltsame Gesteinsformationen, ähnlich den „Hoodoos“ im Bryce Canyon Nationalpark, tief im Canyonlands Nationalpark. Da die Straße immer schlechter wurde und ab da nur mehr von 4WDs befahrbar war, gingen wir noch zu Fuß ein Stückchen weiter.

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Die zwei Felsen im Hintergrund erinnern an ein sich küssendes Pärchen.

Danach wurde es Zeit, einen Schlafplatz zu organisieren. In Moab mussten wir nicht lange suchen, wir folgten einfach spontan einem Schild, das eine Jugendherberge ankündigte, und bekamen es sehr kleines Zimmerchen für sehr kleines Geld. Wir plauderten lange mit einer älteren Frau, die nach Utah ziehen will um hier ihren Lebensabend zu verbringen, weil hier alles barrierefrei ist. Uns ist das ebenfalls schon positiv aufgefallen, sogar in den Nationalparks. Abends nutzten wir die große Hostelküche und kochten Spaghetti mit Thunfisch-Mais-Tomatensugo, dazu gabs Draft Beer aus einer Microbrewery in Moab. Wir beschlossen, eine zweite Nacht zu bleiben, weil es uns hier in Moab gut gefiel.

Am nächsten Morgen hatten wir daher keinen Stress, wir tranken ausgiebig Kaffee in einem der netten kleinen Lokale und Klaus kaufte sich ein T-Shirt im dazugehörigen Shop. Es zeigt einen Mann mit seiner Angel vor einem Kajak, darunter der Spruch „Day seized“ – wie passend. Danach begaben wir uns wieder in den Canyonlands Nationalpark – diesmal in den nördlichen Teil. Wieder erwartete uns eine bizarre Landschaft, wie sie für Utah typisch zu sein scheint.

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Im Norden des Canyonlands National Park

Als nächstes begaben wir uns zum Dead Horse Point State Park – ebenfalls ein beliebter Filmschauplatz. Ein bisschen erinnerte uns die Aussicht an den Grand Canyon, nur noch schöner und beeindruckender. Wieder war es der Colorado River, der sich tief in das Gestein gegraben hatte und hier machte der Fluss noch dazu eine 180 Grad Kehre. Der Name ist darauf zurückzuführen, dass im 19. Jahrhundert Pferdediebe hier gerne ihre Beute versteckten, was leider für die Pferde häufig tödlich endete: Viele verdursteten, weil es kein natürliches Trinkwasser gibt, obwohl der Colorado River sich in Blickweite befindet.

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Dead Horse Point

Arches National Park

Eine weitere Nacht verbrachten wir in unserem Mini-Zimmerchen in Moab, denn in direkter Umgebung gab es noch einen weiteren Nationalpark den wir uns ansehen wollten: den Arches NP mit seinen berühmten Gesteinsformationen.

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Der berühmte Balanced Rock im Arches National Park

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Der erste Blick auf einen ‚Arch‘

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Im Arches National Park verbrachten wir viele Stunden und für uns gehört er zu den schönsten, die wir auf unserem Roadtrip gesehen haben – und das will wirklich was heißen. Erst am Nachmittag machten wir uns auf nach Colorado, in Richtung unseres nächsten Ziels, dem Mesa Verde Nationalpark.

Mesa Verde National Park

Diesen Nationalpark besuchten wir ausnahmsweise nicht wegen der schönen Natur, sondern aufgrund seiner kulturhistorischen Bauten, die sich unter der Kante des Tafelbergs Mesa Verde (‚Der grüne Tisch‘) befinden. Die Anasazi haben genau dort – aus Gründen, die man heute nicht mehr eindeutig nachvollziehen kann – ca. um das Jahr 1.200 herum zahlreiche Pueblos, Vorratskammern und zeremonielle Grubenhäuser errichtet, sowie ausgeklügelte Bewässerungssysteme. Leider hatten die Anasazi offenbar mit zunehmender Dürre zu kämpfen, sodass bereits 100 Jahre später diese Hochkultur auch wieder vorbei war.

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Cliff Dwellings der Anasazi

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Painted Desert & Petrified Forest National Park

Nachdem wir die Bauten der Anasazi, die einmalig schön in die Umgebung eingebettet waren, ausgiebig bewundert hatten, sollte es nun nach Kalifornien gehen. San Diego war unser nächstes Ziel. Auf dem Weg nahmen wir allerdings noch weitere Nationalparks mit, an denen wir quasi direkt vorbeifuhren. Die Painted Desert schillerte tatsächlich in allen Rot- und Orangetönen, und der Petrified Forest Nationalpark dafür in blau und grau – beide Landschaften waren wieder sehr faszinierend. Der ‚Forest‘ selbst lag leider nur noch in Stücken in der öden, trockenen Landschaft herum. Seltsamerweise sah das Holz noch fast völlig normal aus – wie altes Holz eben – war aber gänzlich versteinert und fühlte sich auch wie Stein an.

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Ein versteinerter Rest des Waldes

 

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