Archiv für den Monat: Januar 2015

Panama – Hola und Adios!

Während sich Klaus‘ Kindheitsträume durch das Vordringen nach Feuerland und das Paddeln durch den Amazonas bereits erfüllt hatten, freute sich Sonja schon besonders auf Panama. Schuld daran war in diesem Fall ausnahmsweise weder eine Universumfolge, noch ein Bildband, sondern, ganz wie es sich für einen 198x-Jahrgang gehört, Janoschs Kinderbuch „Oh wie schön ist Panama“. Die beiden Protagonisten, der kleine Bär und der kleine Tiger, schafften es darin zwar nie bis in das ferne Land, aber die positive Panama-Assoziation war damit trotzdem für alle Zeit determiniert, wenngleich natürlich nur etwas augenzwinkernd betrachtet.

Und alles hatte ja auch wirklich „oh, wie schön“ begonnen: Von Kolumbien mit dem Segelschiff kommend, hatten wir bereits einige unvergessliche Tage in dem aus zahllosen malerischen Karibikinselchen bestehenden San Blas Archipel verbracht. Die offizielle Einreise danach in Portobello, durchgeführt von unserer Schiffscrew, hatte ebenfalls problemlos funktioniert – so sagte man uns zumindest.

In Portobello winkten wir vom Straßenrand aus sodann den erstbesten „Chickenbus“ heran. Chickenbusse, so bezeichnen Reisende gerne liebevoll die klapprigen Transportmittel, die auch die Einheimischen verwenden, häufig ausgediente Schulbusse aus den USA, gerade noch irgendwie verkehrstüchtig, oder manchmal auch nicht. Sie bleiben für jeden stehen, der ein Handzeichen gibt oder aber aussteigen möchte, egal wo, und sind daher knapp nach dem Fahrrad das langsamste Verkehrsmittel. Dafür reist man mit den Einheimischen und es gibt immer viel zu erleben. Man ist sich übrigens uneins, ob die Busse ihren Spitzamen daher haben, dass man darin allzuoft zusammengepfercht wird wie Hendln auf der Stange, oder weil manchmal auch Hühner (oder Schweine, Ziegen und anderes Getier – manchmal tot, meist aber lebendig) mitfahren. In einem solchen Klapperbus saßen wir jedenfalls nun und überlegten, ob wir heute in Colón bleiben, oder direkt weiter nach Panama City fahren wollten. Als wir bei der Kreuzung ankamen, an der wir uns entscheiden mussten – Colón: weiterfahren, Panama City: umsteigen – und wir immer noch nicht wussten, was wir tun sollten, ergab sich wie so oft alles von selbst. Unser Busfahrer rammte an besagter Kreuzung ein Taxi und verkeilte sich darin. Überhaupt nichts Ungewöhnliches (Vorrang erkämpft man sich hier durch einen Mix aus Fahrzeugstärke- bzw. Größe und Entschlossenheit, doch die bringen oftmals mehrere Verkehrsteilnehmer gleichzeitig mit…), nur unsere Fahrt nach Colon war damit erstmal zu Ende. Immer schön spontan, machten wir uns im allgemeinen Trubel aus dem Staub – eine Fahrt zu bezahlen, ohne unser Ziel zu erreichen, hielten wir für unangebracht. Also einmal über die Straße, dort in den nächsten Bus und auf nach Panama City!

Es war schon spät am Abend desselben Tages, wir lagen nach einem Bummel durch die moderne Hauptstadt Panamas mit Ceviche-gefüllten Bäuchen zufrieden im Bett, als wir endlich auf die Idee kamen, unsere Stempel im Pass zu überprüfen. Da war dann plötzlich Schluss mit „tranquilo“, denn wir hatten zwar beide ein Visum, aber dass dieses nur für 72h gültig war, hatte man uns nicht gesagt! Wir verfluchten uns für unsere Nachlässigkeit, die Stempel nicht sofort überprüft zu haben, denn nun waren unsere Handlungsoptionen sehr eingeschränkt: Wir konnten zur Migration fahren und versuchen, nachträglich noch eine längere Aufenthaltserlaubnis rauszuhandeln, meist gut möglich, aber mit höheren Kosten verbunden… ohne Beleg, versteht sich. Wir konnten uns ahnungslos stellen und bei der Ausreise auf einen kulanten (oder günstig zu bestechenden) Grenzbeamten hoffen. Oder wir konnten unseren Panama-Aufenthalt aufs absolute Minimum reduzieren und fristgerecht nach Costa Rica ausreisen. Variante 2 erschien uns zu riskant, Variante 1 verfolgten wir kurz halbherzig, aber als die Migration nicht dort war, wo sie sich laut unserem Reiseführer befinden sollte, schmissen wir bei gefühlten 40° im Schatten und längeren Diskussionen mit der örtlichen Polizei das Handtuch: Dann eben nicht, Panama schien uns nicht haben zu wollen und woanders ist es auch schön!

72h waren zumindest genug Zeit fürs Pflichtprogramm: Sightseeing in der Hauptstadt und ein Abstecher zum Panamakanal… Dumm zwar für Klaus, da er eben dieses Pflichtprogramm schon von einer anderen Reise kannte, aber da musste er durch, dafür konnte er Sonja noch zielsicherer als sonst durch die Straßen führen.

Die Altstadt von Panama City beeindruckte durch eine Mischung aus liebevoll restaurierten Kolonialgebäuden, und solchen, die man offenbar im Originalzustand beließ, und die teilweise halb verfallen waren. Der neuere Stadtkern Panamas sieht hingegen modern und mit der beeindruckenden Skyline fast nordamerikanisch aus.

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Ein altes Fort, das die Stadt vor Piraten verteidigte.

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Eines der weniger gut restaurierten Gebäude - aber nicht minder schön

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Abendstimmung in der Altstadt

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Auch das ist Panama City!

Der Panamakanal ist ebenfalls einen Besuch wert, wenn man schon in der Gegend ist, auch wenn man die Ausmaße dieses 82km langen Meisterstücks der Ingenieurskunst, das den Atlantik mit dem Pazifik verbindet, wohl aus der Vogelperspektive besser erfassen könnte. Mangels dieser Möglichkeit mussten wir uns darauf beschränken, ein Containerschiff dabei zu beobachten, wie es (vom Atlantik kommend, nach dem Passieren der Gatún-Schleusen und des Gatúnsees) in einem längeren Prozess Richtung Pazifik an unserer Aussichtsplattform vorbeifuhr. Dabei passierte das Schiff die Miraflores-Schleusen, die das Schiff von der Höhe des Gatúnsees (26m über dem Meeresspiegel) auf Meeresniveau bringen. Die Containerschiffe sind so gebaut, dass sie den Platz, den der Panamakanal bietet, bis auf den letzten Meter ausnutzen, und werden von kleinen Zahnradlokomotiven (sogenannten Treidelloks) langsam durch die Schleusen manövriert. Da der Bedarf groß ist, auch mit größeren Schiffen den Kanal benutzen zu können, wird seit einigen Jahren an einem zweiten, noch größerem Kanal gebaut.
(Übrigens ist seit heuer auch Nicaragua – man munkelt Dank chinesischer Finanzierung – daran, sich durch ganz Mittelamerika zu graben. Ein herber Schlag wäre dies für Panamas großen Wirtschaftsfaktor (etwa 10% des BIPs), aber gleichzeitig traut man den ‚Nicos‘ nicht zu, dieses gigantische Projekt jemals zu vollenden. Man darf also gespannt sein…)

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Das Containerschiff hat die Gatúnschleusen schon hinter sich gebracht und wartet nun im Gatúnsee darauf, die Mirafloresschleusen durchfahren zu dürfen.

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Die Schleusen öffnen sich - hier wird das Schiff wieder auf Meeresniveau abgesenkt.

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Hier sieht man links und rechts die Treidelloks, die das Schiff durch den Kanal ziehen.

Nach dem Abhaken dieser beiden durchaus sehenswerten Panama-Highlights mussten wir uns auch schon wieder verabschieden. Es machte uns nicht viel aus, denn so richtig warm waren wir mit Panama in der kurzen Zeit nicht geworden… Als sich der Grenzübertritt noch dazu als unnötig kompliziert erwies, waren wir sogar ganz froh, dieses Land, das uns offensichtlich nicht haben wollte, wieder zu verlassen!

Abschied von Südamerika – Ein Segeltörn nach Panama

Unsere Zeit in Südamerika war endgültig zu Ende gegangen, und es galt, Pläne für unsere Weiterreise durch Mittelamerika zu schmieden. Und das beginnt von Kolumbien aus gesehen ja bekanntlich im schönen Panama. Obwohl es zwischen den beiden Ländern eine Landverbindung gibt, ist es praktisch unmöglich, diese für eine Weiterreise zu nützen, und das hat zwei Gründe: Erstens existiert keine Straßenverbindung, das sogenannte Darién-Gap, wie man diese Lücke in der Panamericana nennt, besteht aus dichtestem, unwegsamen Dschungel. Das alleine hätte uns natürlich nicht aufgehalten, eine Machete ist schnell zur Hand. Aber, und damit zu Grund zwei, diese Region ist nach wie vor fest in der Hand der Guerillatruppen und Drogenkartelle, womit für jeden nicht gänzlich wahnwitzigen Erlebnistouristen eine Durchquerung des Gaps zu Fuß flach fällt. Damit bleibt also nur die Weiterreise mit dem Flugzeug oder mittels einer Schiffspassage. Letztere wiederum bieten entweder Fähren (das dauert ca. 24 Stunden), oder aber private Segelboote an, die ebenfalls von Kolumbien nach Panama übersetzen, aber dabei einen etwa viertägigen Umweg über Kuna Yala einlegen – dem „Land der Kuna“ (auch bekannt unter dem Namen San Blas-Inseln). Dieses aus 365 winzig kleinen bis größeren Inseln bestehende Archipel wird von Indigenas (den Kuna) unter panamaischer Flagge semi-autonom regiert. Nur ca. 50 der Inseln sind dauerhaft bewohnt, der Rest ist kaum mehr als puderweißer Sand, Palmen und Korallenriffe inmitten des türkisblauen Meers – ein wahr gewordener Karibiktraum. Eine für uns in höchstem Maße verlockende Vorstellung: Endlich unser quer durch Südamerika und bis auf 5000 Meter hinauf in die Anden geschlepptes Schnorchelequipment samt Flossen wieder auszupacken, das seit den Galapagos-Inseln (also seit August 2014!) ein trauriges Dasein in der hintersten Rucksackecke fristete. Aber so ist das nunmal, dafür hatten wir nun in der Karibik Daunenjacken, Hauben und lange Merino-Unterwäsche dabei… des Klimawandels Wetterextreme mögen zuschlagen, wir sind gerüstet!
Die Wahl fiel uns also leicht, die lange Segelschiff-Variante sollte es sein.

Das könnten wir komplett vergessen, hörten wir da gleich von anderen Reisenden, die Segelboote seien bis Ende Jänner und Wochen im Voraus restlos ausgebucht. Aber das wollten wir uns erst genau ansehen, wir wissen bereits, dass sich auch bei scheinbar unmöglichen Vorhaben meist eine Möglichkeit findet: ohne Vorreservierung waren wir in Sipadan tauchen, hatten auf den Galapagos-Inseln ganz kurzfristig Plätze auf einem Kreuzfahrtschiff bekommen, uns erst am Vortag um Machu Picchu Tickets gekümmert – im schlimmsten Fall ist etwas Geduld, Kreativität und Hartnäckigkeit gefragt. Also flogen wir trotzdem nach Cartagena, um unser Glück zu versuchen, streiften durch die Straßen um die Altstadt in denen die Kapitäne in den Spelunken oder Herbergen ihre Schiffspassagen anboten. Am Ende hatten wir sogar die Wahl zwischen zwei Booten – beides gut klingende Optionen, sodass wir per Pesowurf unsere Entscheidung trafen: Schildkröte oder Zahl? – Die Münze landete mit der Schildkröte nach oben,  der alte holländische Zweimaster sollte es also werden, über 70 Fuß lang, jahrelang in einem mexikanischen Hafen vergessen und dahingetümpelt, vor kurzem wiederentdeckt, gekauft, nach Panama gebracht und generalüberholt – so erzählte man es uns.

Die Segeltörns zwischen Kolumbien und Panama sind teilweise auch berüchtigt für die meist sehr jungen Passagiere, die auf der Überfahrt alle möglichen legalen (und, wie man munkelt, auf manchen Booten auch illegalen) Rauschmittel zu sich nehmen und die Überfahrt zu einer 5-tägigen Megaparty zweckentfremden. Gegen das eine oder andere Cuba Libre zu einem schönen Sonnenuntergang haben wir nun wahrlich nichts einzuwenden, aber für derartige Dauerexzesse fühlten wir uns nun doch schon zu alt. Man weiß aber nie, was man kriegt und so blieb uns nur auf etwas „ältere“ (sprich: mehrheitlich über 20-Jährige) und/oder halbwegs vernünftige Mitreisende zu hoffen. Äußerst gespannt warteten wir daher auf das erste Treffen am Tag vor der Abreise, und wir schienen wieder Glück zu haben, denn die anderen Passagiere waren ganz und gar nicht die Bande postpubertierender Maturareisender aus unseren Albträumen: 4 weitere Pärchen sowie 3 alleinreisende Burschen aus allen möglichen Ecken der Erde, durchwegs Mitte 20 bis Ende 30, sollten mit uns das Segelboot bemannen. Dazu kam eine 4-köpfige Crew, bestehend aus einem nicht gerade menschenfreundlichen, kauzigen Kapitän, einem mit Vorliebe rassistische Witze erzählenden Ingenieur, einer jungen Kanadierin, die ganz großartig die Bordküche schmiss und uns alle „Darling“ nannte und einem Australier, der vor lauter Coolness kaum sprechen oder sich normal bewegen konnte. „Hell, yeah!“ und „Fuck, no!“ ersetzten alle schnöden Jas und Neins, um nur ein bezeichnendes Beispiel anzuführen. Hatte man sich daran erstmal gewöhnt, war er aber ein sehr herziger Kerl.

Das Schiff selbst war charmant und rustikal, jedoch in einem kunterbunt zusammengeflickten Zustand. Ein für die dafür vorgesehene Öffnung im Schiffsrumpf zu großer Anker ohne funktionierende Motorwinde, der bei jedem Mal Ablegen in einem umständlichen und vier Personen benötigenden Akt auf Deck gehievt werden musste, dazu ein Motor, der des öfteren überhitzte, ein Leck im Schiffsboden, das regelmäßig den Einsatz einer Pumpe erforderte, müffelnde Kajüten, die so manche Mitreisende nachts aus den Betten und an Deck trieben, und das Hauptsegel war bei der letzten Überfahrt gerissen.

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Unser Schiff - aus der Ferne und in diesem Setting makellos schön 😉

Wir störten uns an all diesen Umständen wenig, denn die Umgebung ließ uns solche Kleinigkeiten schnell vergessen. Wir genossen die Seefahrt und das wunderschöne Archipel, das Schnorcheln, die Erkundung der malerischen Inseln, den Sternenhimmel, die Abende am leicht schaukelnden Deck… nach den genialen Tagen im Amazonas gleich das nächste Highlight unserer Reise!

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Morgendliche Aussicht aus dem Bullauge unserer Kajüte

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Eine der wenigen Gelegenheiten, zu der wir beim Landgang unsere Kamera dabei hatten. So oder ähnlich wundervoll ist jede der unzähligen Inseln.

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Chillen an Deck

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Ein Großteil der Crew und unserer Mitreisenden bei einem der Insellandgänge

Als uns die Crew fragte, ob wir (ohne Zusatzkosten) noch einen Tag länger bleiben möchten, brauchten wir nicht lange nachzudenken: „Hell, yeah!“, lautete unsere spontane Antwort, aber da hatten wir die Rechnung ohne unsere Mitreisenden gemacht….

Einigen der anderen gefiel das Leben auf See nämlich bei weitem nicht so gut wie uns, und während wir uns kaum von San Blas losreißen konnten, sehnte sich so mancher nach einem bequemen Bett in einem schönen Hotel in Panama City. Somit wurde aus dieser Verlängerung leider nichts. Wir konnten es zwar selbst kaum glauben, aber es kam zuletzt tatsächlich der Gedanke auf, ob wir auf einem Partyboot nicht doch besser aufgehoben wären. Die junge Backpacker-Crowd hätte zumindest – ebenso wie wir in diesem Fall – eine Gratis-Verlängerung bestimmt „awesome“ gefunden…

Aber auch ohne Verlängerung: Die Entscheidung, das Darién-Gap mit einem Segelboot zu überwinden, war absolut richtig. Hätten wir uns je verzeihen können, über dieses schöne Fleckchen einfach drüberzufliegen? Fuck, no!

Kolumbien – Am Amazonas

Nach fast einem halben Jahr in Südamerika näherte sich unser Abschied von diesem unglaublich abwechslungsreichen Kontinent, und wir wollten uns bereits um eine Schiffspassage nach Panama umsehen. Aber halt: Etwas Wesentliches war uns bislang entgangen – der Amazonas, beziehungsweise sein riesiges Einzugsgebiet. In Ecuador hatten wir es nur gestreift, uns hatte aber für mehr die Zeit gefehlt, in Nordperu waren wir in der fraglichen Region hintereinander gesundheitlich zu angeschlagen gewesen, in Bolivien führte unsere Route nicht daran vorbei und auf Brasilien mussten wir ja mehr oder weniger zur Gänze verzichten. Aber hier war nun noch Kolumbien, das sich in seinem südlichsten Zipfel einen Zugang zum mit Abstand wasserreichsten Fluss der Erde gesichert hatte. Das Gute daran ist, das vor allem die kolumbianische Seite im Dreiländereck mit Peru und Brasilien noch äußerst untouristisch ist. Dann also los, letzte Chance!
Von Bogota aus war es nur ein kurzer Flug nach Leticia, dort bestiegen wir ein kleines Schnellboot, das wie ein Autobus andernorts das hiesige Nahverkehrsmittel darstellt. Zwei weitere Stunden den Fluss stromaufwärts und zahlreiche Stopps bei immer kleiner werdenden Siedlungen später//, waren wir endlich am Ziel: In Puerto Nariño!
Ein paar dutzend Häuser, ein Fußweg auf hochwassersicheren Stegen (es gibt in dem kleinen Dorf weder Autos noch Motorräder – hier fährt man Boot oder geht zu Fuß, und das meist in Gummistiefeln), eine Hand voll Lokale und zwei, drei Herbergen. Sonst nur Fluss und dichter Dschungel.

Wir bezogen etwas außerhalb eine einfache Hütte auf einem Hügel, direkt und wunderschön am Wasser gelegen. Vier Affen, vier Papageien und ein paar Hunde zählten zu unseren Mitbewohnern… neben Myriaden von Mosquitos. Einer der Papageien ließ sich von Klaus liebend gerne das Köpfchen kraulen, während er Sonja nicht ausstehen konnte und beim Versuch, sie in den Fuß zu hacken, sogar ihren Gummistiefel durchlöcherte. Nichts, was man persönlich nehmen dürfe, der Papagei möge Frauen nicht, wie sein Besitzer versicherte. Und tatsächlich verhielt er sich allen weiblichen Wesen gegenüber angriffslustig, lauerte ihnen sogar auf, um sie dann mit Genuss über das Grundstück zu jagen – erstaunlich wie er anscheinend Männlein von Weiblein zielsicher zu unterscheiden wusste.

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Der sexistische Papagei. Sein Wortschatz besteht aus 'Hola' und 'Bogota' und ist daher schnell erschöpft. Nichtsdestotrotz ist er von früh bis spät lautstark am Brabbeln.

Während Sonja also während des gesamten Aufenthalts weite Bögen um besagten Papagei machte, hatte Klaus dafür Pech mit den Affen: Nicht genug, dass sie ihr großes Geschäft mit Vorliebe dann zu verrichten schienen, wenn sie gerade auf ihm herumkletterten. Als er das undankbare Pack vor einem aggressiven Hund beschützte (dieser fand es gar nicht lustig, als einer der Affen versuchte, ihn als Reittier zu benutzen), begannen sie alle vier, anscheinend in Panik versetzt, wild in seine Beine zu beißen. Sein Glück, dass die Affen mit ihren kleinen Zähnchen kaum menschliche Haut durchdringen können… Und ihr Glück, dass man den putzigen Kollegen nicht ernsthaft böse sein kann 😉

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Schon frühmorgens, quasi noch im Halbschlaf, wird man von der frechen Bande in Beschlag genommen.

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Morgens erster Gang vor die Hütte: Doch erstmal statt Kaffee Affee

Von den freundlichen Besitzern wurden wir laufend mit frischen Früchten und Kaffee versorgt, und ein kleines blaues Kajak durften wir jederzeit ausleihen. Etwas, was wir gerne und ausgiebig nutzten.

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Kein Motorengeräusch durchbricht die Stille, unser kleines blaues Kajak ist weit und breit das einzige Boot. Wir paddeln durch die Nebenarme und überfluteten Wälder des Amazonas, wir beide ganz allein inmitten der überwältigend schönen Natur, und können unser Glück kaum fassen!

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Um uns herum schwimmen immer wieder Delphine: wir sehen rosarote und ihre grauen Artgenossen. Häufiger hören wir sie nur hinter uns aus dem Wasser springen und laut schnauben. Sie scheinen uns neugierig zu umkreisen, ohne uns jedoch allzu nahe zu kommen.

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Links und rechts gleiten endlose, überflutete Wälder an uns vorbei, also paddeln wir schon bald zwischen Baumriesen und Gestrüpp hindurch. Hier schlummern die Faultiere, lauern die Kaimane, rasten die Schlangen. Affenbanden wirbeln über uns in den Baumkronen. Die Sonne glitzert im Wasser und in den riesigen, zwischen Ästen und Lianen gespannten Spinnennetzen. Es ist atemraubend schön und vielleicht das Abenteuerlichste, das wir auf unserer Reise erleben dürfen.

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Auch ein kühlendes Bad im Amazonas durfte natürlich nicht fehlen.

Anders, als man es aus diversen Abenteuerfilmen kennt, stellen dabei weder Piranhas, noch Anakondas oder Kaimane eine Gefahr dar. Die lauert schon eher in manchen Stechmückenexemplaren, die die Erreger von Malaria, Gelb- oder Denguefieber mit an Bord haben können, oder zum Beispiel – weniger bekannt, aber wirklich eine potentielle Plage – in kleinsten Fischen, die, wenn durch Harnstoffe angelockt, versehentlich die menschliche Harnröhre hinaufschwimmen und sich dort verhaken. Daher ist dringend anzuraten, während des Schwimmens niemals in den Amazonas zu pinkeln. Männliche Indigenas behelfen sich auch gerne noch mit einem Stückchen Schnur, nicht lustig, aber immer noch viel besser als die verrückten Fische. Auf die Mädchen der Indigenas lauert in den Fluten des Amazonas eine weitere Gefahr: Der rosafarbene Amazonas-Delphin. Wird ein unverheiratetes Mädchen schwanger, Vater unbekannt, dann nämlich, ja dann war’s der rosa Delphin, der als schöner, fremder Mann an Land gestiegen war. Tatsächlich findet sich das umtriebige Tier sogar in einigen Geburtsurkunden ganz offiziell als Vater eingetragen.

Nicht nur die Fauna kann hier unberechenbar sein, wie uns während eines Paddelausflugs gezeigt wurde: Als das Tageslicht langsam schwächer wurde, machten wir uns auf den Rückweg, denn im Labyrinth aus Seitenarmen und Wäldern im Dunklen nach Hause zu navigieren ist nahezu unmöglich. Doch plötzlich schlug das Wetter um – es begann wie aus Kübeln zu gießen. Gleichzeitig kam ein heftiger Gegenwind auf. Während die Wellen nun also unser Kajak gefährlich ins Schwanken brachten, kamen wir trotz strammen Paddelns kaum noch vorwärts. Als unsere Kraft nachließ und uns klar wurde, dass wir es so nie rechtzeitig nach Hause schaffen würden, hörten wir das vertraute Tuckern eines Motors.
Es war das Boot unseres Hostels, das sich uns von hinten näherte! Wir winkten und wähnten uns schon gerettet, da fuhr das Boot einfach an uns vorbei… man hatte uns im dichten und lauten Regen nicht bemerkt. Wir rechneten also bereits mit einer Nacht mitten im Amazonaswald, durchnässt und ohne jegliche Ausrüstung. Doch zu unserem großen Glück ließ zumindest der Sturm und damit auch Gegenströmung und Wellen bald nach, sodass wir es zwar durchgefroren und völlig erschöpft, aber noch im letzten Dämmerlicht zurück schafften.

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Trocknungsaktion nach unserem Amazonasabenteuer, um unser Hüttchen nicht mit klatschnassen Geldscheinen bezahlen zu müssen.

Die Tage in Puerto Nariño gingen viel zu schnell vorbei und zählen für uns zu den absoluten Höhepunkten unserer Reise. Während andernorts der Amazonastourismus schon komplett kommerzialisiert ist, kann man hier – als einer von wenigen Touristen – eigenständig durch den Dschungel wandern und paddeln und hat die Natur dabei ganz für sich.

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Ein letztes Bild dieses Reiseabschnitts: Einer von vielen schönen Sonnenuntergängen mit Blick auf den Fluss von unserem Quartier aus.

Kolumbien – Bogotá

Oft hat man beim Reisen einen guten Lauf – alles ergibt sich wie von selbst und man genießt einfach den Flow. In manchen Ländern ergeht es uns recht häufig so, insbesondere in Kolumbien. Jedoch: Der Tag, an dem wir nach Bogotá fuhren, war keiner dieser Tage… Es fing damit an, dass wir überhaupt (noch) nicht nach Bogotá wollten, sondern zuerst nach Tunja oder Villa de Leyva, zwei schöne Kolonialstädte. Diese liegen genau zwischen San Gil und Bogotá – einen Bus hierher, auf dieser Hauptverkehrsroute zu ergattern sollte also kein Problem sein, so dachten wir zumindest. Als wir aber am Morgen wie so oft bereits mit Gepäck am Busbahnhof antanzten – in blindem Vertrauen auf den oben beschriebenen Flow hatten wir uns vorab nicht um Tickets gekümmert – wurden wir enttäuscht: Die Busse nach Bogotá wollten uns nicht nach Tunja mitnehmen (warum auch immer), und ein direkter Bus nach Tunja würde erst wieder am Nachmittag fahren… kurzer Kriegsrat wurde daher abgehalten und die spontane Entscheidung: Darauf, stundenlang am Busterminal rumzuhocken hatten wir keine Lust, also kurzentschlossen gleich ab nach Bogotá!

Da wir für 10. Januar einen Flug nach Leticia gebucht hatten, bedeutete das: Drei ganze Tage in Kolumbiens Hauptstadt, einem der größten Moloche Südamerikas, nicht gerade ein erfreulicher Ausblick… Glücklicherweise sollte es sich aber als gar nicht so schlimm herausstellen – Bogota hat seine reizvollen Ecken und man kann sich hier gut beschäftigen.

Die Altstadt La Candeleria ist wirklich hübsch und erinnerte uns sogar teilweise an Valparaíso, unsere absolute Lieblingsstadt in Südamerika. Auch viele Museen wären in diesem Viertel angesiedelt. Da wir uns aber schon im berühmten Museo del Oro – dem Goldmuseum mit unzähligen mehr oder weniger güldenen Schätzen aus präkolonialer Zeit – trotz seines tatsächlich beeindruckenden Ausstellungsgutes fast zu Tode langweilten, verzichteten wir sicherheitshalber auf weitere Museumsbesuche. Was das betrifft sind wir wohl offenbar Kulturbanausen, denn spätestens nach dem 20. goldenen Nasenring war Schluss mit der visuellen Aufnahmefähigkeit.

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Die Kathetrale am Hauptplatz der Stadt

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Die innen und außen äußerst hübsche gotische Kirche 'Nuestra Senora del Carmen'

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Ein vorsichtiger Blick ins streng bewachte kolumbianische Regierungsviertel

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Hier ist wirklich alles Gold, was glänzt. Und bissel fad.

Als wir am dritten Tag in Bogotá schon alles gesehen hatten, was uns interessierte, machten wir einen Abstecher ins nahegelegene Zapaquirá. In dieser Stadt befindet sich in einer aufgelassenen Salzmine eine unterirdische Kathedrale, ein kulturelles Highlight des Landes. Auf die teuren All-Inclusive-Touren, wie die Hostels sie anbieten, verzichteten wir, was sich als richtige Entscheidung herausstellte. Für einen Bruchteil des Betrags sahen wir genau das Gleiche, mussten uns nur den öffentlichen Transport durch Bogota und seine Umgebung selbst organisieren, was trotz des netten Briefings eines Hostelmitarbeiters eine gewisse Herausforderung darstellte. Wer sich das bogotanische Transport-, bzw. Nummerierungssystem der hiesigen Öffis überlegt hat, muss zuvor kräftig von den hier zahlreich vorhandenen berauschenden Substanzen genascht haben… wir haben’s bis zuletzt nicht ganz begriffen, unsere Ziele aber Dank der Hilfe der Leute dennoch irgendwie erreicht.

Von der Größe und Wirkung der Kathedrale waren wir äußerst beeindruckt – nicht nur gab es einen Kreuzweg in den Bergwerksstollen, sondern tief unten im Berg ein riesiges Haupt- sowie zwei Nebenschiffe, mit Säulen, Statuen und Kreuzen, alles aus Salz und wunderschön beleuchtet. Ein interessanter 3D-Film über die lange Geschichte des Salzbergwerks (den wir auch auf spanisch einigermaßen gut verstanden) rundete den Besuch ab.

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Blick Richtung Hauptaltar

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Eine der zahlreichen Säulen, der Größenvergleich mit Sonja zeigt ein wenig die gigantischen Ausmaße.

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Insgesamt haben wir aus den drei Tagen Bogotá wohl das Beste gemacht. Auch mit der Wahl des Hostels hatten wir wieder ein glückliches Händchen, denn das Preis-/Leistungsverhältnis war hervorragend. Wenn Bogota vielleicht auch nicht so glänzt, wie sein berühmtes Museum, ist die Stadt einen Besuch wert, wenn man im Lande ist!

Kolumbien – Auf dem Camino Real

Silvester war vorbei: Wir waren von der Küste durchs Magdalenatal ins Landesinnere aufgebrochen und hatten auf halbem Weg nach Bogota in San Gil Station gemacht, um hier den Jahreswechsel zu begehen. Gemeinsam mit Einheimischen hatten wir eine mit Knallkörpern gefüllte Puppe angezündet und in die Luft gejagt, was den Abschied vom alten Jahr symbolisiert. Danach wurden wir von zahlreichen fremden Menschen unter „Feliz año!“-Wünschen umarmt, bekamen Becher mit Whisky in die Hand gedrückt, die fortan nie leer werden sollten. Viele bemühten sich, mit uns ins Gespräch zu kommen. Oft wollte man von uns wissen, wie uns Kolumbien gefällt. Diese Frage begeistert zu beantworten war glücklicherweise bereits nach nur zwei Wochen ein Leichtes!

Am 3. Januar sollte das touristischste Wochenende des Jahres auf uns zukommen – halb Kolumbien würde unterwegs sein, um sich vor Beginn des neuen Arbeitsjahres nochmals anständig zu erholen, bzw. erstmal zu besaufen, dann davon zu erholen. Als uns unser Hostelbesitzer ein Bild von überfüllten Hotels, verstopften Straßen und mangels Platz im Auto schlafenden Leuten malte, sahen wir uns entsetzt an: Ohne uns – ein Fluchtplan musste her! Also brachen wir auf, um die abwechslungsreiche Landschaft rund um San Gil zu erkunden. Alte, noch von den Conquestatoren angelegte Fußwege, zusammengefasst unter dem Begriff Camino Real, verbinden einige kleine koloniale Dörfer und führen vorbei an Tabakplantagen, durch Wälder, und weiter tief hinein in den Chicamocha Canyon und auf der anderen Seite wieder hinauf. Mehrere Tage kann man auf diesen Wegen abseits der Straße unterwegs sein, und genau das hatten wir vor – ausgerüstet waren wir lediglich mit einer stichwortartigen, fünf Jahre alten Wegbeschreibung, Wasser und etwas Ersatzkleidung.

Am ersten Tag nahmen wir den Bus ins 45 Minuten entfernte  Barrichara. In diesem herausgeputztem kolonialen Dörfchen wuselte es richtiggehend von kolumbianischen Tagesgästen. Das Dorf selbst war ausgesprochen schnuckelig mit seinen weißen alten Häusern und schönen Kirchen in den geplasterten, engen Gassen, sodass wir während des Herumschlenderns etwas die Zeit übersahen – erst gegen Mittag wanderten wir los und um noch vor Einbruch der Dunkelheit bei unserem Tagesziel anzukommen, würden wir uns beeilen müssen.

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Das Dorf Barrichara

Der Weg führte zuerst ein paar Stunden steil bergab in das Dorf Guane – ebenfalls bildhübsch und in ähnlichem, fast mediterranen Stil – und danach lange Zeit wieder bergauf. Die umgebende Landschaft war so malerisch, dass wir uns einfach nicht beherrschen konnten und immer wieder Fotostopps einlegten. Die Zeit, die diese kosteten, versuchten wir durch schnelles Gehtempo wieder wettzumachen, denn unsere Schatten wurden immer länger und unser Ziel war noch nicht in Sicht. Hoch oben auf dem Bergkamm sahen wir dann endlich, in nicht allzu weiter Ferne im nächsten Tal, Villanueva, wo wir die Nacht verbringen wollten.

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Guane

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Mangels (bis dato) besseren Wissens haben wir diese immer wieder den Weg säumenden schönen Gewächse "Bartbäume"genannt.

In Villanueva machten wir mal wieder Bekanntschaft mit kolumbianischer Gastfreundschaft: Die wenigen hier vorhandenen Gastwirtschaften, in denen wir nach Zimmern fragten, waren voll und so stellten wir uns schon auf eine mosquitoreiche Nacht auf einer Parkbank ein, aber zwei hilfsbereite Einheimische wiesen uns an, einfach mal hier zu warten, es würde sich schon etwas finden.
Also schwärmten sie aus, einer auf dem Moped, der andere zu Fuß… und keine viertel Stunde später hatten wir tatsächlich ein Zimmerchen. Was sollte es denn kosten, fragten wir den Herrn des Hauses – wissend, dass wir fast jeden Preis bezahlen würden. Aber er wollte nur umgerechnet ein paar Euro für ein wirklich schönes Zimmer mit eigenem Bad. Seine nette Frau kochte uns am nächsten Morgen noch vor unserem frühen Aufbruch zum ersten Hahnenschrei Kaffee und schenkte uns jedem eine handvoll Mandarinen als Wanderproviant.

Unsere ohnehin dürftige Wegbeschreibung, die uns schon am ersten Tag mit so exakten Angaben wie „follow the road for a very long while“ zur Verzweiflung gebracht hatte, versagte am Tag 2 völlig. Nach dem Weg zu fragen und die Antwort zu verstehen gehört gottseidank schon längst zu unserem Standardrepertoire, und obwohl die Gegend recht einsam war, schien es uns, als würden wir gerade dann andere Menschen treffen, wenn wir mal nicht weiter wussten. Wie schön, Murphys Gesetz einmal umgekehrt! Ohne den kleinsten Umweg erreichten wir also den Rand des Chicamocha Canyons. Gerade in der schlimmsten Mittagshitze schleppten wir uns die 900 Höhenmeter nach unten. Dabei mussten wir dem Drang widerstehen, uns an den dunklen Felsen festzuhalten: Diese waren so aufgeheizt, dass man sich daran die Finger verbrannte.

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Blick vom Canyon-Rand

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Jordán, das wir nach dem harten Abstieg endlich erreichten, hat Ähnlichkeit mit einem Geisterdorf: Einst ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt und eine belebte Siedlung, verlor das Dorf nach dem Bau einer neuen, entfernt liegenden Straße völlig seine Existenzgrundlage. Heute leben nur noch etwa 30 Personen in Jordán, und die meisten der einst prächtigen, heute verfallenen Kolonialhäuser werden nur noch als Unterstand für Ziegen verwendet. Ein Restaurant sucht man vergeblich, aber die in unserer Wegbeschreibung erwähnte Señora willigte wie angekündigt ein, abends für uns zu kochen. Nach einem herrlich erfrischendem Bad im Fluss fielen wir hungrig über das vorzügliche Ziegenfleisch her, das uns kredenzt wurde – während keine drei Meter neben uns ein paar noch lebendige Exemplare vor sich hin meckerten.

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Jordáns ausgestorbener 'Hauptplatz' hat schon bessere Zeiten erlebt - etwas unheimlich, vor allem Nachts mit Weihnachtsbeleuchtung

Am dritten Tag wollten wir die gegenüber liegende Cayonwand hochsteigen, um in Los Santos einen Bus zurück nach San Gil zu ergattern.

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Der Aufstieg war aufgrund der Hitze wie erwartet sehr anstrengend. Während wir unsere verschwitzten Gesichter nicht mehr trocken wischen konnten, da die Kleidung ebenfalls schon völlig nassgeschwitzt war, fiel wieder des öfteren unser erschöpftes Wandermantra „Es hört nie auf… Es geht immer so weiter“. Ein uns mit seinem Muli überholender Mann widersprach dem: nur noch 5 Minuten bis nach oben, beteuerte er, woraufhin Sonja kurzzeitig zum Woo-Girl mutierte. Oben angekommen, fragte uns der Mulimann: „Listos?“ (Fertig?). Aus tiefster Überzeugung antworteten wir: „Si, listo!“. Ob Listo auch die selbe Doppelbedeutung besitzt wie das deutsche „Fertig“ wussten wir nicht, aber wir waren jedenfalls beides, fertig und fertig.

Doch die richtige Plag‘ begann erst danach: Wie in der Wegbeschreibung prophezeit, fährt von Los Santos kein Bus zurück nach San Gil. Man kann sich aber von Bussen mit anderer Destination ein Stückchen mitnehmen lassen und an einer Kreuzung aussteigen, von wo aus man einen vorbeifahrenden Bus nach San Gil heranwinkt. Klingt einfach, war es aber nicht. An jener Kreuzung warteten wir also in der gnadenlosen Mittagssonne, doch die Busse waren alle voll und blieben daher nicht für uns stehen. Ein vorbeifahrender Kolumbianer hatte wohl Mitleid mit uns und bot uns an, uns die halbe Strecke mitzunehmen und an einer Stelle rauszulassen, wo wir es einfacher hätten einen Bus zu ergattern. Das nette Angebot nahmen wir gerne an! Auf diese Weise hatten wir nicht nur einen sehr interessanten Gesprächspartner für die Fahrt gefunden, sondern wurden danach auch noch kostenlos in den Vergnügungspark geschleust, in dem unser neuer Bekannter arbeitete – total nett! Von dort aus erwischten wir endlich einen Bus nach San Gil.

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Im Bus immer recht prominente Heiligenbilder - der Busfahrer war offensichtlich der Ansicht, damit ausreichend für Sicherheit gesorgt zu haben und nun ruhigen Gewissens in Kurven überholen zu können, während er an seinen beiden (!) Handys herumtippte... gelenkt wurde mit den Ellenbögen. Gut, dass wir in dieser Hinsicht nach 5 Monaten in Südamerika schon abgehärtet sind!

Verdreckt und müde, aber über beide Ohren glückselig grinsend kamen wir wieder in unserem alten Hostel an, der Großteil der Besuchermassen war bereits wieder abgezogen.

Was für eine geniale Wanderung durch schönste Landschaften, ohne einen einzigen anderen Westler zu treffen. Und wie perfekt sich alles ergeben hatte, vom Finden des richtigen Wegs, bis hin zu Übernachtungsplätzen und der Rückfahrt. So muss Reisen!