Chile/Argentinien – Südpatagonien und Feuerland

Nationalpark Torres del Paine

‚Säulen des Himmels‘ benannten die Indigenas die steil abfallenden Berge im Zentrum dieses heutigen Nationalparks – so steil, dass auf ihnen niemals Schnee liegen bleibt. Er gehört zu Chiles malerischsten Naturschönheiten.
Trotz seiner Abgeschiedenheit und schweren Erreichbarkeit erfreut er sich daher über zahlreiche wanderbegeisterte Besucher, die sich für einige Tage dem rauhen südpatagonischen Klima aussetzen, um zu Fuß die wunderschöne Landschaft zu erkunden.
Dieses ganz besondere Fleckchen Natur wollten auch wir uns nicht entgehen lassen – denn Touristenmassen hin oder her, der Gedanke unser kleines Zelt und Essen für einige Tage zu packen und so (fast) völlig unabhängig von sämtlicher Infrastruktur einfach loszuwandern, war einfach sehr verlockend.

Dies brachte auch gleichzeitig ein Problem mit sich: Wer sollte das alles tragen? Und wie in aller Welt würde unsere gesamte Ausrüstung in unsere Wander-Rucksäcke passen, die sonst schon immer so voll waren, ohne Zelt, Matten, Schlafsäcke, Kocher, Geschirr und Proviant für 6 Tage? Das Packen dauerte die halbe Nacht und erforderte ein bisschen Kreativität, und bezüglich des Gewichts konnten wir nur hoffen, möglichst rasch die erforderliche Rückenmuskulatur aufzubauen.

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Mit der gesamten Campingausrüstung am Buckel. Klaus' Rucksack kommt auf knappe 20kg... nur der Gedanke, mit jedem Essen, und sogar jedem Mal Zähneputzen leichter zu werden, gibt Hoffnung... 😉

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Ein erster Blick auf die Landschaft des Nationalparks versprach schon mal unvergessliche Naturerlebnisse...

Wie viele andere planten auch wir, der Wanderroute ‚W‘ zu folgen, benannt nach ihrem Wegverlauf, der ansatzweise an diesen Buchstaben erinnert. Mit einer kleinen Abwandlung verlängerten wir die Route noch um einen Tag, indem wir bereits von der Parkadministration loswanderten (das offizielle W startet an einem späteren Punkt). Wir erhofften uns davon einen menschenleeren Trek am ersten Tag, was sich auch erfüllte. Ab dem zweiten Tag trafen wir natürlich viele andere Trekker – ging man zur richtigen Tageszeit los, war die Anzahl der Mitwanderer gerade noch erträglich. Die Landschaft war so atemberaubend, dass wir ohnehin für nichts anderes Augen hatten und richtig voll wurde es auch erst abends auf den leider obligatorischen Campingplätzen.

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Solche Bilder begleiteten uns fast ständig im Nationalpark Torres del Paine

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Der Glacier Grey - Höhepunkt von Tag 2

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Jede Lagune beeindruckte mit einer anderen Farbe - diese türkise gefiel uns besonders gut

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Unsere nicht ganz patagonientaugliche Carpa überstand wider Erwarten auch die orkanartigen Böen - obwohl wir öfter davon geweckt wurden, als sich die Zeltwand (!) auf unser Gesicht drückte.

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Zu Essen gabs abwechselnd Spaghetti, Reis und Püree. Und Vitamintabletten.

Das Wetter war uns auch wohlgesonnen – obwohl Dauerregen vorhergesagt wurde, regnete es kaum und wir hatten sogar viel Sonnenschein. Leider wehte aber ein ganz schön kräftiger Wind: Böen mit bis zu über 120km/h, die in unberechenbarer Stärke und wechselnder Richtung auftraten, ließen uns teils wie Betrunkene herumtorkeln, boten wir mit unseren großen Rucksäcken ja noch besonders viel Angriffsfläche.
Am dritten Tag beendete dann ein besonders fieser Windstoß unseren Trek: Während wir auf einem Hügel standen und die Aussicht genossen, wurde Sonja von einer überraschenden Bö zu Boden geworfen und verletzte sich dabei die Schulter. Der Arm ließ sich nicht mehr heben und belasten, und uns blieb daher nichts anderes übrig, als zurück zum Camp zu gehen, von wo aus wir schnellstmöglich (sprich: einen halben Tag in einem Katamaran und zwei Bussen) ins nächste Krankenhaus fuhren. Zum Glück nichts gebrochen oder gerissen, aber eine Armschlinge sollte noch zwei Wochen und ein ausgewachsener Bluterguss in der exakten Form von Österreich fünf Wochen lang an das unglückliche, vorzeitige Ende der Wanderung, aber auch an unser Zuhause erinnern…

Aus diesem Grunde gibt es hier leider auch keine Bilder des erklärten und eingangs beschriebenen Höhepunktes des Parks zu bewundern, den bizzaren Felszinnen. Diese bei Interesse einfach andernorts nachschlagen.

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Ein kläglicher Versuch, dem omnipräsenten Wind kurz zu entrinnen

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Das letzte Foto vom Nationalpark, aufgenommen wenige Sekunden vorm Unglücksfall.

Puerto Natales und Punta Arenas

Mit insgesamt über 40kg Gepäck auf 4 Rucksäcke verteilt, aber nur einer verbliebenen Person im Team, die in der Lage war, diese zu tragen, stellte das Weiterreisen eine ungeplante Schwierigkeit dar. Wir blieben also noch drei Tage in Puerto Natales und weitere drei in Punta Arenas und beschränkten unsere Ausflüge auf Tagestrips, zum Beispiel zum schönen Friedhof von Punta Arenas oder der Kolonie von Magellanpinguinen auf der Isla Magdalena in der Magellanstraße.

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Der etwas eigenartige, aber durchaus ansprechende Friedhof von Punta Arenas

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Die Magellanpinguine auf der Isla Magdalena - Besonders spaßig war es, sie dabei zu beobachten, wie sie sich gegenseitig Nistmaterial aus den Nestern stahlen.

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In manchen dieser Erdlöcher sahen wir Pinguineier oder brütende Pinguine - im Dezember ist Nistzeit. Wie schön muss es hier erst im Februar sein, wenn hier auch noch der Nachwuchs herumwuselt...

Tierra del Fuego – Das Feuerland

Die Reise Richtung Süden sollte in Patagonien noch nicht zu Ende sein, wir hatten vor uns bis Feuerland durchzuschlagen. In Ushuaia, der südlichsten Stadt der Welt, wollten wir unser Glück versuchen, zwei der begehrten Last-Minute Antarktiskreuzfahrtplätze zu ergattern. Wir bekamen sogar ein Angebot, das knapp in unseren finanziellen Rahmen passte – jedoch erst für zweieinhalb Wochen später, und so lange wollten wir uns eigentlich nicht mehr im Süden aufhalten. Es fiel dennoch schwer, uns von der so lange Zeit gehegten Idee einer Reise in die Antarktis zu verabschieden, und erst als klar wurde, dass wir am einzigen in Frage kommenden Schiff in getrennten Kajüten schlafen müssten (Dreibettzimmer sind hier streng nach Geschlechtern getrennt) oder nochmals 1.000 Dollar für eine Doppelkajüte drauflegen müssten, entschieden wir uns endgültig dagegen. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben und so wird eben künftig einmal ein Jahresurlaub für die Antarktis draufgehen müssen (und einen zweiten Anlauf im Torres del Paine, wenn wir schon einmal dabei sind).

Nicht nur davon, die Antarktis zu bereisen, sondern auch von unserem Plan, von Puerto Williams aus in einer mehrtägigen Wanderung das Navarino-Massiv zu umrunden, mussten wir Abstand nehmen. Dafür hätten wir wieder schwere Rucksäcke mit Zelt und Verpflegung packen müssen – zu schwer für Sonjas lädierte Schulter oder für Klaus allein.

Armes Puerto Williams übrigens: Nachdem es von seinem eigenen Land Chile nicht das Stadtrecht erhält (zu Recht, wie wir meinen), muss es den Titel ’südlichste Stadt der Welt‘ nun zähneknirschend dem argentinischen Ushuaia am nördlicheren Ufer des Beagle-Kanals überlassen, schmückt sich aber zumindest mit der Bezeichnung ’südlichstes Dorf der Welt‘. Und zumindest das macht ihm so bald wohl niemand streitig, südlicher liegen nur noch ein paar Fischerhütten und antarktische Forschungsstationen.

Eine leicht trübselige Stimmung kam bei uns nun auf: mitten im allerschönsten Trekkingparadies, und wir konnten nicht wirklich wandern gehen… Um zumindest ein bisschen etwas von Feuerland zu sehen, leisteten wir uns für einen Tag einen Mietwagen und bummelten durch die wunderschöne, wildromantische und völlig einsame Landschaft.

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Endlich mal wieder ein eigener fahrbarer Untersatz!

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Auch den Bäumen setzt der Dauer-Wind sichtlich zu, hier ging nämlich grade gar keiner 🙂

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Letztlich entschieden wir, dass es an der Zeit war, die Daunenjacken gegen Sommerkleidung einzutauschen und uns vom Südzipfelchen Südamerikas zu verabschieden. Als nächstes sollte es wieder in wärmere Gebiete gehen: zuerst nach Buenos Aires und anschließend der Pflichtbesuch bei den Wasserfällen von Iguazu!

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